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Andacht

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Foto: © Klaus Steinike

Pfarrer Ulrich Kastner

Mose sagte: Fürchtet euch nicht! Bleibt stehen und schaut zu, wie der HERR euch heute rettet! 2.Mose 14, 13

Liebe Gemeinde, 

das klingt doch ein bißchen wie der alte Vorwurf, die Kirche wolle die Gläubigen nur auf das Jenseits vertrösten, damit sie sich hier besser beherrschen lassen. Der Aufruf Gottes an Mose, stehen zu bleiben und zuzuschauen, ist aber ganz anders gemeint! Denn die Gruppe, die mit Mose unterwegs ist, ist alles andere als still und stumm gewesen, um alles zu erdulden. Ganz im Gegenteil! Sie sind gerade aus der Gefangenschaft geflohen und auf dem Weg in die Freiheit. Aber sie werden verfolgt von dem damals mächtigsten Heer der Welt. Und gegen die haben die Mose-Leute militärisch keine Chance. Aber Gott hat sie gerade durch das Schilfmeer geführt, eine sumpfige Gegend, in der die Flüchtenden zu Fuß zwar gut vorankommen – aber die damals modernste Waffe, auf der die Macht der Ägypter beruhte, die Streitwagen mit ihren dünnen Rädern aus Bronze, versackten dort jämmerlich. Die Ägypter mussten aufgeben und die Israeliten ziehen lassen. Dass sie stehen blieben und zuschauten war kein passives Erdulden, sondern vielmehr ihr Sieg über die hochgerüstete Macht. Trotz oder gerade wegen ihrer Waffen scheiterte sie – da brauchten die anderen nur zuzuschauen. Wenn sie sich dem Kampf gestellt hätten, wäre es für sie dagegen aussichtslos gewesen. Doch geht es gerade nicht um Kampftaktiken und Siege oder Niederlagen. Vielmehr geht es um die Befreiung, das sich lösen aus der Gefangenschaft, aus der Unfreiheit. Und es geht um den Weg in die eigene, die neue Identität. Wer nur Sklave ist, braucht sich keine Gedanken über seine Zukunft zu machen. Wer sich aber befreit, der sieht sich neuen Fragen gegenüber: Wer bin ich, was tue ich, wohin gehe ich? Deshalb empfangen die Israeliten daraufhin die 10 Gebote – Regeln für das Leben einer Gemeinschaft in Freiheit. Die zehn Gebote schützen den Einzelnen und das Zusammenleben in einer Gemeinschaft. Und obwohl sie so alt sind, sind sie keineswegs überholt: Das Gebot, den Feiertag zu heiligen (3.Gebot) ist ein Arbeitsschutzgesetz. Man kann es schlicht übersetzen: „Du sollst Dich nicht tot-arbeiten!“ In Zeiten des Burnouts ist das von ungebrochener Aktualität. Und auch so offensichtliche Gebote wie der Schutz des Eigentums -nicht stehlen (7.Gebot), nicht des nächsten Haus und Land begehren (9.Gebot), oder der Schutz des Nächsten Frau, Knecht, Magd, Vieh (10.Gebot) sind in Zeiten eines mörderischen Eroberungskrieges in der Ukraine oder der immer noch andauernden Geiselnahme in Israel nicht überholt. Aktiv sein Leben selbst zu gestalten, schließt nicht aus, manchmal auch zuzuschauen, wie etwas geschieht. Zur Freiheit und zur Selbständigkeit hat Gott uns berufen und befreit. Und auch das Wachsen braucht gelegentlich Zeit. Fürchtet Euch nicht! Gott ist schon da. 

Ihr Pfarrer Ulrich Kastner

 

 

 

Monatsspruch Juli 2024

Freie Verwendung des Motives für alle Medien unter Angabe des folgenden Vermerks: Text: Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, revidiert 2017, © 2017 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart - Grafik: © GemeindebriefDruckerei

 

 

 

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